Perfektionismus – Kennen Sie das? Man lobt Sie für die Anfertigung eines Berichtes, aber tief in sich spüren Sie, das hätten Sie mit ein wenig mehr Zeit, mit ein wenig mehr Einsatz noch wesentlich besser hinbekommen. Sie erfüllen Ihre Aufgaben gerne zu 100 Prozent – oder noch lieber zu 120 Prozent; perfekt halt. Worin liegt dieser Hang zum Perfektionismus begründet und wie zeigt er sich? 

Die große Gefahr für die Menschheit liegt in der ständig steigenden Perfektion bei gleich bleibender menschlicher Unzulänglichkeit. Charles F. Kettering

Eines vorneweg: Es ist gut und achtenswert, wenn Sie bestrebt sind, Ihre Aufgaben bestmöglich und termingerecht zu erfüllen, wenn Sie genau und zielorientiert arbeiten. Problematisch wird es immer dann, wenn Sie sich, in Ihrem Bestreben, jedes Detail perfekt zu erledigen, förmlich aufreiben – Perfektionismus. Wenn Sie trotz Lob von Anderen nicht wirklich stolz sein können über Erreichtes, wenn Sie krampfhaft jedes Risiko meiden und kontrollsüchtig jede einzelne Aufgabe wieder und wieder überprüfen und sich über kleine Fehler noch tagelang ärgern. Dann nämlich wird der Perfektionismus zum Zeitfresser und zum Erfolgshemmer.

Die fünf Antreiber

Laut Transaktionsanalyse sind es inbesondere fünf Antreiber – fünf innere Anweisungen oder auch Motivatoren – die uns veranlassen, so zu reagieren, wie wir dies in der jeweiligen Situation oder einer Person gegenüber tun. Die Antreiber sind im Grunde genommen nicht anderes als Denk-, Fühl- und Handlungsmuster, die wir von Kindesbeinen an von unseren Eltern vermittelt bekommen und die uns als Kind eine Vorstellung davon geben, wie wir uns zu verhalten haben, damit wir den Ansprüchen unserer Eltern genügen. Die Antreiber bestimmen in ganz entscheidendem Maße unsere Einstellungen, unser Denken und Fühlen und verleihen innerhalb von Sekunden unserer Mimik und Gestik und unserer Körperhaltung ihren ganz spezifischen Ausdruck. Darüber hinaus beruhen auch unsere Wortwahl und unsere Sprechweise auf diesen inneren Antreibern.

„Du bist okay, WENN“

Hinter jedem dieser Antreiber steht ein Grundbedürfnis. So verweist der Antreiber „Beeil dich!“ darauf, dass das Leben eine Fülle an Erlebnissen und Herausforderungen bietet, die es zu erfahren und zu erleben gilt. Hinter dem Antreiber „Streng dich an!“ steht das Streben danach, etwas zu leisten. Sicherheit im Umgang mit anderen Menschen vermittelt der Antreiber „Sei stark!“ und der Antreiber „Sei anderen gefällig!“ steht für unser Grundbedürfnis nach Liebe und Zuneigung. Der fünfte Antreiber „Sei perfekt!“ sorgt dafür, dass wir unsere Fähigkeiten und Fertigkeiten unserem Wissen und Können entsprechend entfalten können.

Allerdings können diese Antreiber auch negative Ausprägungen – Über-Motivatoren – haben, die uns in unserm Handeln einschränken und uns immer wieder das Gefühl verleihen unzulänglich zu sein. Gerade der Antreiber „Sei perfekt!“ kann uns das (Arbeits-)Leben sehr schwer machen. Die innere elterliche Stimme vermittelt uns dann nämlich: „Du bist nur dann okay, wenn du alles perfekt machst!„, was gleichzeitig auch bedeutet: „Wenn du es nicht perfekt machst, wirst du nicht geliebt!“

Menschen, die dem Antreiber „Sei perfekt!“ in besonders starkem Maße folgen, die Perfektionisten unter uns, zeichnen sich dadurch aus, dass sie alles ganz besonders gründlich machen wollen und daher oft dazu neigen, Aufgaben über-zuerfüllen – mit all den zeitlichen und finanziellen Konsequenzen, die daraus resultieren. Sie sind zwanghaft leistungsbetont und rechtfertigen ihr Tun häufig bereits bevor jemand nachfragen kann. Dabei verlangen sie in der Regel die von ihnen angestrebte Perfektion auch von Mitarbeitern und Kollegen, was gerade auf der zwischenmenschliche Ebene zu starken Spannungen führen kann. Der Perfektionist kritisiert häufig (entweder laut oder aber zumindest innerlich) den von Mitarbeitern bevorzugten Arbeitsstil und kann sich nur sehr schwer durchringen Aufgaben und Projekte zu delegieren.

Bereits bevor sich Perfektionisten an die Bearbeitung gestellter Aufgaben machen, setzen sie ihre ganze Aufmerksamkeit darauf, Fehlerquellen möglichst schon vorab zu diagnostizieren und auszuschalten. Nicht selten führt dieses Verhalten dazu, dass sie den Arbeitsbeginn immer wieder aufschieben. Aber auch bei bereits erledigten Aufgaben setzen Perfektionisten die Fehlersuche fort, und können sich noch Tage nach der Abgabe über Unzulänglichkeiten in ihrer Arbeit ärgern. Da es für Perfektionisten nur schwarz oder weiß gibt, gibt es für sie ausschließlich die Unterscheidung zwischen perfekt und versagen – und: seien wir doch mal ehrlich: Besser geht  immer!  Und genau das ist der Grund, weshalb ein Perfektionist Erfolge nicht richtig genießen kann – er hätte es noch perfekter machen können.

Folgen des Perfektionismus

Aufgrund der in der Kindheit gemachten Erfahrung, dass wir Liebe, Zuwendung und Anerkennung immer besonders dann erhalten, wenn wir perfekt sind, sind wir bis ins Erwachsenenalter abhängig von Lob und Anerkennung. Je stärker der Antreiber „Sei perfekt!“ ausgeprägt ist, desto enger verknüpfen wir Lob und Anerkennung mit Perfektion. Wenn das Selbstwertgefühl, die Selbstachtung von der eigenen Perfektion abhängig ist, wird das Leben geprägt durch die Angst Fehler zu machen, die Angst zu versagen und deshalb von Anderen abgelehnt zu werden. Der Perfektionismus setzt Menschen unter einen enormen Erfolgsdruck, der die Versagensängste weiter steigert.

Ausblick:

Im kommenden Blogbeitrag geht es darum, Wege aus der Perfektionismus – Falle zu finden.

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