Kennen Sie das? Sie wachen mitten in der Nacht zum wiederholten Male schweißgebadet auf und denken an die bevorstehende Sitzung und an all das, was Sie vorher noch alles zu erledigen haben. Oder Sie können sich auf die Bearbeitung der vor Ihnen liegenden Projektunterlagen nicht konzentrieren, weil Sie in Gedanken die weiteren Termine des Tages durchgehen. In Ruhe gegessen haben Sie zum letzten Mal vor ungefähr einem Monat und das tägliche Jogging haben Sie seit Wochen nicht geschafft. Der Magen tut weh, das Herz sticht, der Kopf hämmert. Stress!

Für immer mehr Menschen ist es selbstverständlich, ständig unter Strom zu stehen, immer belastbar und rund um die Uhr einsatzbereit zu sein. Ja – es ist „in“ keine Zeit zu haben. Erfolg macht sexy. – Stress ist schick.
Wodurch wird Stress ausgelöst, was bewirkt er in unserem Körper und wie können wir uns effektiv und möglichst längerfristig vor ihm schützen – darum soll es in diesem und im nachfolgenden Beitrag gehen.

Was ist Stress ?

Können Sie sich noch an Ihren Physikunterricht erinnern? U = R x I In einem elektrischen Schaltkreis verhält sich die Spannung U proportional zum Widerstand R und dieser ist umgekehrt proportional zur Stromstärke I, also zum Stromfluss. Das heißt, bei wachsendem Widerstand erhöht sich auch die Spannung, wohingegen der Stromfluss abnimmt. Lassen Sie uns dieses physikalische Modell auf uns Menschen übertragen. In dem Maße, in dem sich Widerstände ergeben – ausgelöst zum Beispiel durch Anforderungen, die an uns gestellt werden, durch äußere Reize, die auf uns einwirken oder auch durch unsere eigenen Bedürfnisse, alles möglichst fehlerlos und überpünktlich fertigzustellen, in eben diesem Maße erhöht sich unsere (An-)Spannung und der Stromfluss sinkt.

Stress ist ein als sehr unangenehm empfundener Spannungszustand, der durch eine subjektiv empfundene Unkontrollierbarkeit einer bestimmten Situation oder eines Zustandes hervorgerufen wird.

Dabei wird nicht jede Herausforderung, jeder Spannungszustand von uns als negativer Stress empfunden – wir fühlen uns von dem sogenannten Eustress (eu griechisch = gut) einfach nur zu Höchstleistungen motiviert, angespornt. Erst in dem Moment, wo die Balance zwischen den auf uns einwirkenden Stressoren (den Anforderungen, Reizen und Bedürfnissen) und unseren eigenen Ressourcen zerstört ist und die auf uns einströmende Anforderungsmenge unsere Bewältigungsmöglichkeiten übersteigt, erreicht der Stress ein neues, hohes Level. – Jetzt sprechen wir vom sogenannten Disstress (dis lateinisch = schlecht).

Was passiert bei Stress im Körper?

Während einer von unserem Gehirn als „Gefahr“ diagnostizierten Situation werden die Hormone Noradrenalin und Adrenalin vermehrt ausgeschüttet, wodurch es zu einer Aktivierung des Kreislaufes, der Atmung und der Energiebereitstellung kommt. Unser Körper befindet sich jetzt im „Fight-or-flight“-Modus. Diese hormonell bedingte Stressreaktion ist keineswegs gesundheitsgefährdend sondern ein seit vielen Millionen Jahren bestehendes  Anpassungsverhalten unseres Körpers an eine Gefahrensituation.

Kurzfristige Auswirkungen auf unseren Körper

Durch die Umstellung unseres Körpers auf den „fight-or-flight“-Modus benötigen unsere Muskeln Energie, um schneller und kräftiger reagieren zu können. Daneben benötigt auch unser Gehirn für die nun möglichst rasch zu kreierenden Lösungsstrategien zusätzliche Energie. Wir beginnen tiefer und kraftvoller zu atmen, unser Herz pumpt mit einer höheren Frequenz, das Blut fließt schneller durch Adern und Venen. Auch unsere Pupillen erweitern sich und unsere Schmerzempfindlichkeit sinkt kurzzeitig herab. Neben der benötigten Energie wird dabei auch Wärme produziert, unsere Hände beginnen zu schwitzen. (Einigen historischen Theorien zufolge wird durch die vermehrte Schweißproduktion auch erreicht, dass ein möglicher Angreifer die feucht-glatte Haut nicht so gut packen und festhalten kann, so dass wir eine bessere Möglichkeit haben, uns loszureißen und zu fliehen.)

Weil Gehirn und Muskeln einen Großteil der verfügbaren Energie benötigen, wird die Funktion anderer Organe – zum Beispiel des Verdauungssystems verlangsamt. Insgesamt stellt sich der Körper bestmöglich darauf ein, den Angreifer/ den Stressor zu bekämpfen oder aber aus der Gefahrensituation zu fliehen. Was geschieht nun, wenn diese überschüssige Energie nicht durch eine Aktion (fight-or-flight) abgebaut wird und den Körper stattdessen in einer Art Dauererregung gefangen hält.

Langfristige Beschwerden

Unter Stress beginnt das Gehirn damit, alle Informationen, die nicht unmittelbar der Stressbewältigung dienen, zu eliminieren. Wenn wir dieser belastenden Situation über einen längeren Zeitraum ausgesetzt sind, minimiert sich zunehmend der Teil des Gehirns, der für unsere Gedächtnisleistung zuständig ist, wodurch unsere Gedächtnisfunktion aber auch unsere gesamte kognitive Leistungsfähigkeit abnimmt. Die dauerhaft erhöhten Puls- und Blutdruckwerte sowie die Blutverteilung hauptsächlich auf Muskeln und Gehirn können über kurz oder lang zu einer Hypertonie führen. Die deutlich vermehrten roten Blutkörperchen (Erythrozyten) erhöhen in Kombination mit gestiegenen Blutfetten das Risiko einer Arteriosklerose.

Wie bereits erwähnt, sind unsere Muskeln im Stresszustand nun fast dauerhaft angespannt, was zu Muskelverspannungen insbesondere im Rücken- und Nackenbereich führt. Daneben steigt aber auch unser Blutzucker und der Cholesterinspiegel an, da die für die Muskelanspannung benötigte Energie aus Zucker und Fetten gewonnen wird. Da ein Großteil der verfügbaren Energie in Gehirn und Muskeln geht, vermindern die übrigen Organe ihre Tätigkeit – Magen-Darm-Beschwerden sind häufig die Folge – zusätzlich begünstigt durch den oft erhöhten Kaffeekonsum, der die mangelnde Konzentrationsfähigkeit auffangen soll.

Durch die dauerhafte Belastung des Körpers wird unser gesamtes Immunsystem geschwächt, die Infektionsanfälligkeit steigt und die zur Genesung erforderlichen Entzündungsreaktionen (wie zum Beispiel: Fieber) können nicht stattfinden. Das wiederum hat zur Folge, dass ein Krankheitsausbruch verzögert wird und sich häufig dann umso heftiger und langwieriger zeigt.

Neben all den körperlichen Beschwerden verändert sich auch zunehmend das Verhalten. Sicher haben Sie beobachtet, dass Menschen, die unter Stress stehen, schneller gereizt reagieren, bei jeder Kleinigkeit „an die Decke“ gehen, sich weniger konzentrieren können, Termine vergessen – insgesamt weniger belastbar sind. Das hat zur Folge, dass noch mehr Zeit und eigentlich nicht vorhandene Kraft aufgebracht werden muss, um dennoch das Tagespensum bewältigt zu bekommen. Ein Teufelskreis, den es dringend zu durchbrechen gilt.

Was können wir tun – Ausblick

Was können wir tun, um gar nicht erst in diesen Strudel zu geraten? Wie können wir verhindern, dass sich eine Disbalance zwischen den auf uns einströmenden Anforderungen, den diversen Reizen und unseren eigenen Ansprüchen und Bedürfnissen einerseits und den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen andererseits manifestiert? Und falls dies bereits geschehen sein sollte – welche Strategien eignen sich, um aus diesem Teufelskreis herauszukommen? Welche Möglichkeiten haben wir, unser Stresslevel herabzusenken und damit unsere Lebensqualität wieder Schritt für Schritt zu erhöhen. Genau mit diesen Fragen können Sie sich in einem Stressmanagement-Training auseinandersetzen – und in Teil 2 nachlesen.

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